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Channel: Allgemein – Mein Schweinehund und ich
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Ein Plan, der aufgeht. Leider kein ganz schlauer Plan. Der Ironman Austria in Klagenfurt 2021

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Copyright F. Höllersberger

Ich hatte mich verlaufen. Es war dunkel, es regnete. Meine Stirnlampe, die mir vor den zweiten 21km von einem Helfer in die Hand gedrückt wurde, reichte nicht, um den Richtungspfeil auf dem Boden zu beleuchten. Und der Streckenposten hielt mich nicht auf, als ich irrtümlicherweise rechts abbog. Er diskutierte mit einem Autofahrer, der über die Laufstrecke des Ironman in Klagenfurt fahren wollte. Vor mir: Kein Läufer in Sichtweite. Hinter mir: Ein wärmender Hauch eines Verfolger im Nacken wäre mittlerweile willkommen gewesen. Da war nur niemand. Zum Glück kenne ich die Strecke gut und konnte mit nur einem kleinen Umweg auf die offizielle Strecke zurück.

Da kam er auf einmal auf mich zu: Demeter Dick aka Triathlondog. Es muss gegen 20:30 gewesen sein. Dank des Niederschlags und der fortgeschrittenen Stunde war die Strecke verwaist bis auf ein Grüppchen Kinder, die das sehr feierten, dass da noch Athleten kamen, dunkle Gestalten mit Licht auf der Stirn. Er hätte mich in der App verfolgt, sagte Demeter und ich sei nicht da rausgekommen, wo ich hätte rauskommen sollen, er sei eine Extra-Runde schnell gedreht, um mich zu finden. Wer Demeters unvergleichliches Geschick kennt, sich von der Toilettentür bis zur Schüssel zu verlaufen, muss einfach schmunzeln.

Er hatte einen Schirm dabei, spannte ihn auf, damit er twittern konnte. Ich war da gerade ein wenig am Laufen, bevor ich wieder eine Gehpause einlegen wollte. Er fragte, wie es mir ginge. Ich antwortete sinngemäß: „Es ist alles nach Plan verlaufen, der Plan ist halt Mist.“

Der grobe Plan für den Ironman Klagenfurt 2021 war: Ankommen. Der Plan sah im Detail vor: Entspannt schwimmen. Hat super geklappt, wegen der geringeren Anzahl an Athleten war Platz im Wasser, ich konnte ganz entspannt ziehen und kam dann zu meiner eigenen Überraschung mit einer passablen Zeit aus dem Wasser. Danach wollte ich die Radfahrt genießen und der traumhafte Kurs gab alles: Tolle Kulissen, schnelle Passagen, schöne Abfahrten, zermürbende Anstiege. Das Finale sollte sein, die 42km zu absolvieren. „Hinwürgen“ war mein bevorzugter Ausdruck vor dem Rennen.

Dass es langsam werden würde – das war klar, wer seit Mai wegen Schmerzen in den Füßen keine 200km gelaufen ist, fünf Kilo Corona-Orden auf der Hüfte trägt, darf nichts erwarten. Leider kam noch dazu, dass sich der leichte Schmerz im Außenband des rechten Knies auf dem Fahrrad beim Laufen nicht einfach in Wohlgefallen auflöste. Der erste Gedanke an Aufgeben kam mir in der Wechselzone als ich zum Laufkurs humpelte.

Aber ich kann solche negativen Gedanken einfacher erschlagen als eine Mücke mit bloßen Händen. Also Pragmatismus an: Erstmal loslegen und Probleme lösen, wenn sie da sind. Sprich – wenn der Schmerz unerträglich werden würde.

Wurde er dann nicht, aber auch erst nach gut 20 Kilometer hatte sich mein Körper dran gewöhnt. Ein wenig Laufen, ein wenig gehen. Kein Kilometer am Stück gelaufen, später stramm marschiert. Und gen Ende ein wenig mehr gelaufen, gar ein klein wenig fixer, als Demeter mich einige Meter begleitete, man will ja nicht lahm wirken. Jaja, lachen Sie nur.

Das war eine sehr schöne Überraschung und so machte ich mich weiter auf den Weg, gute 90 Minuten warteten noch auf mich. Da kann man vieles tun, nachdenken, sinnieren, verzweifeln. Ich bin einfach gelaufen und gegangen, das hat gereicht. Der kräftige Regen hatte mich inzwischen durchgeweicht, aber ich mag es eh nicht so gern warm und verschwitzt.Ich bin kein Poncholäufer, äh, -walker.

So hatte ich dann am Ende die 42km niedergerungen (von Marathon laufen will ich nicht sprechen, das ist etwas anderes) und in sechs Stunden vor allem eines getan: Die Ruhe bewahrt, die gute Laune nicht verloren, sicher gewesen, dass ich das Rennen beenden werde. Das ist mental sicher nicht leicht – nicht ob all der versäumten Trainingsstunden zu verzweifeln, nicht über den Schmerz zu schimpfen, nicht über dies oder jenes. Oder einfach aufzugeben wegen nerviger Schmerzen, wofür jeder Verständnis gehabt hätte. Nicht mein Weg. Meiner ist, stur und zäh das im Blick zu behalten, worum es mir an DIESEM Tag ging. Denn eines ist klar – weder Platzierung noch Zeit sind so, dass ich mir das vornehme. Ich kann das besser, das soll sich ändern. Aber falsche Eitelkeit wegen der „peinlichen“ (Zitat Ende, ich weiß, wie es gemeint war. :-)) Platzierung, hilft niemandem.

Ich war mir sicher, dass ich mein Ziel erreichen kann. Das eine stand im nur noch spärlich gefüllten dafür umso greller illuminierten Stadion und das andere war das Finish für meine Sammlung an Ironman-Rennen, die mich berechtigen, mir irgendwann einmal ein Ticket nach Hawaii zu lösen. Ich möchte an den Ort, wo der Sport herkommt, dem ich so viele wunderbare Begegnungen und Erlebnisse zu verdanken habe. Kona ist das Ziel. Und dabei werde ich mich nicht verlaufen. Und notfalls auch mal gehen.


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